Einleitung:
Die Quantencomputing-Technologie steht an der Schwelle, ganze Industrien grundlegend zu verändern – von der Optimierung komplexer Prozesse bis hin zur Cybersicherheit. Trotz ihrer immensen Möglichkeiten ist sie bislang größtenteils auf Labore beschränkt und noch nicht für den Massenmarkt verfügbar. Unternehmen stehen nun vor der Herausforderung, sich auf potenzielle Störungen durch Quantencomputer vorzubereiten. Ein vielversprechender Ansatz ist die Einführung hybrider Modelle, die klassische und quanteninspirierte Technologien kombinieren, um bereits heute von den Vorteilen dieser neuen Rechenmethoden zu profitieren.
Schon seit Jahrzehnten denken sich Wissenschaftler neue Theorien über das Potenzial des Quantencomputings aus. Dabei geht es um einen neuen Ansatz zur Berechnung, bei dem Wahrscheinlichkeiten anstelle von binären Signalen für Berechnungen verwendet werden. In den letzten Jahren haben sowohl Privatleute als auch der Staat richtig viel Geld in die Entwicklung von Quantencomputern gesteckt. Laut einem Bericht werden allein im Jahr 2021 Investitionen in Höhe von mehr als 800 Millionen US-Dollar erwartet.
Related Post: Die Rolle der Generativen KI in der Produktivitätssteigerung und demografischen Herausforderungen
Die Quantentechnologie könnte alles verändern – von der Genomsequenzierung bis zur Optimierung von Transportrouten, vom Knacken von Codes bis zur Entwicklung neuer Materialien. Trotzdem gibt es Quantencomputer bisher nur im Labor. Und auch wenn sie schon ziemlich viel können, sind sie noch nicht so richtig für den kommerziellen Einsatz verfügbar. Wie können Unternehmen sich am besten auf mögliche Störungen durch diese Technologie vorbereiten, bevor sie tatsächlich auf dem Massenmarkt angekommen ist?
Um diese Frage zu klären, lohnt es sich, sich mal anzuschauen, wie das bei anderen großen technologischen Umbrüchen lief. Zum Beispiel, als von analog zu digital bei der Fotografie gewechselt wurde oder von Verbrennungs- zu Elektromotoren. In vielen dieser Fälle haben Unternehmen einen hybriden Ansatz gewählt, um neue Technologien zu integrieren: Anstatt direkt auf die neue Technologie umzusteigen, haben sie Produkte entwickelt, die Elemente alter und neuer Technologien kombinierten. So konnte Toyota beispielsweise mit dem Hybrid-Elektroauto Prius Erfahrungen mit der Herstellung von Elektroautos sammeln und gleichzeitig sein fundiertes Know-how mit herkömmlichen Benzinmotoren nutzen. Nachdem das erste Hybridmodell auf den Markt gekommen war, hat Toyota dann Plug-in-Hybridautos und Brennstoffzellen-Elektroautos rausgebracht. Damit war der Weg frei für die Einführung von reinen Elektroautos ein paar Jahre später.
Related Post: Neue Geschäftsstrategien an der Schnittstelle von Mensch und Technologie
Wie könnte man denn so einen Hybridansatz bei Quantencomputern umsetzen? Auch Infosys hat schon ordentlich in Quantencomputer investiert. Deshalb haben wir uns an mehrere Forscher und Führungskräfte des Unternehmens gewandt, um mehr über ihre Arbeit zu erfahren. Wir haben mit ein paar Leuten von Infosys gesprochen und dabei erfahren, dass sie an zwei verschiedenen Hybridansätzen arbeiten. Damit wollen sie ihre bisherigen Innovationen vermarkten und sich gleichzeitig auf die Zukunft der Quantencomputer vorbereiten. Dabei geht’s um Algorithmen, die auf normalen Computern laufen, aber mit Quantenphänomenen arbeiten (also nicht nur mit 0 oder 1 wie bei den klassischen Computern).
Außerdem gibt’s noch Hybridmodelle, die klassische und Quantencomputer zusammenbringen.
Infosys hat sich mit diesen Ansätzen in ganz unterschiedlichen Bereichen auseinandergesetzt, mal alleine, mal mit Start-ups. Im Folgenden stellen wir drei wichtige Anwendungsbereiche des Quantencomputings vor, in die Infosys investiert hat: Zum einen geht es um Optimierungsprobleme, bei denen das Unternehmen das Potenzial quanteninspirierter Algorithmen erforscht hat. Zum anderen um maschinelles Lernen und Cybersicherheitslösungen, bei denen Infosys begonnen hat, Hybridmodelle zu nutzen.
Related Post: Bestärkendes Lernen: Wie Künstliche Intelligenz Unternehmen neue Wege zur Optimierung eröffnet
Optimierungsprobleme
Klassische Algorithmen sind zwar in vielen Bereichen effektiv, aber bei bestimmten Arten von Optimierungsproblemen einfach zu langsam und zu teuer. Im Finanzbereich ist es zum Beispiel schwierig, normale Computer für die Optimierung von Portfolios zu nutzen. Das liegt daran, dass man dafür eine schnelle Echtzeitanalyse der ständig schwankenden Risikowerte braucht, die mit Investitionen in jede einzelne Aktie verbunden sind. Um diese Herausforderung zu meistern, hat Infosys quanteninspirierte Algorithmen entwickelt, mit denen sich Vermögenswerte besser auswählen und zuweisen lassen. So konnte das Unternehmen in nur einer Minute ein diversifiziertes Portfolio aufbauen, das die Renditen maximierte und die Risiken für mehr als 100 Aktien minimierte. Im Vergleich zu herkömmlichen (d. h. nicht quanteninspirierten) Strategien zur Vermögensallokation hat das zu einer Renditeverbesserung von 21 % geführt.
Auch in der Lieferkette haben traditionelle Computer oft Probleme, genau und kostengünstig zu optimieren. Um das Potenzial von Quantencomputing in diesem Bereich auszuloten, hat Infosys eine Kooperation mit QpiAI gestartet. Das ist ein Start-up, das quanteninspirierte Lösungen für die Optimierung der Lieferkette entwickelt. Die Projekte sind noch in der Entwicklung, aber das Team hat schon gezeigt, dass seine Algorithmen die Kosten für die Routenplanung von Fahrzeugen um 60 % senken können.
Related Post: GenAI durch bifokale Linsen: Wie Unternehmen heute und morgen profitieren können
Maschinelles Lernen
Maschinelles Lernen braucht ganz schön viel Rechenleistung, um aus großen Datensätzen was zu lernen. Vor allem bei der Analyse von Datensätzen, die ziemlich unausgewogen sind – also bei denen die Fälle, die man finden will, ziemlich selten sind –, könnte Quantencomputing sowohl die Kosten stark senken als auch dafür sorgen, dass diese Modelle besser funktionieren.
Betrügerische Transaktionen sind im Vergleich zu normalen Transaktionen quasi nicht vorhanden. Das macht es schwierig, klassische Algorithmen für maschinelles Lernen zu entwickeln, die Betrug schnell und genau erkennen können. Infosys hat aber einen hybriden Ansatz gewählt und einen hybriden neuronalen Netzwerkalgorithmus entwickelt. Dabei wurden die meisten Netzwerkschichten mit klassischen Rechenverfahren gearbeitet, während einige Schichten Eingaben von einem Quantencomputer verwendet haben. Mit diesem System konnte Infosys die Genauigkeit seines Tools zur Betrugserkennung um 1,66 % verbessern. Das klingt erst mal nicht nach viel, ist aber angesichts der enormen Größe des globalen Finanzsystems ein enormer Unterschied, der zu erheblichen Einsparungen führen kann.
Cybersicherheit
Für die Verschlüsselung sensibler Daten wie Passwörter, persönliche Daten oder sogar Blockchains werden normalerweise Pseudo-Zufallszahlen verwendet. Das Problem ist, dass Quantencomputer diese Zufallszahlen leicht knacken können. Das stellt jede Organisation, die diese Standard-Verschlüsselungswerkzeuge verwendet, vor eine potenziell große Gefahr. Doch die Quantentechnologie eröffnet uns auch neue Möglichkeiten: Quantensysteme können einen großen, zuverlässigen Strom von „echten zufälligen“ Zahlen erzeugen, die weder mit klassischen noch mit Quantensystemen entschlüsselt werden können.
Infosys hat sich mit dem Quanten-Cybersicherheitsunternehmen Quintessence Labs zusammengetan, um eine Hybridlösung zu entwickeln. Dabei werden zunächst echte Zufallsschlüssel mit einem Quanten-Zufallszahlengenerator generiert und dann in klassische kryptografische Algorithmen und Verschlüsselungssysteme einspeist. So können wir auf der einen Seite wirklich zufällige und unvorhersehbare Zahlen für eine ganze Reihe von kommerziellen Anwendungen generieren. Auf der anderen Seite können wir so ein neues Level an Cybersicherheit für alle Organisationen erreichen, die mit großen Mengen sensibler Daten arbeiten.
Fazit:
Quantencomputing bietet enormes Potenzial, von Optimierungsproblemen über maschinelles Lernen bis hin zur Cybersicherheit. Unternehmen wie Infosys zeigen, dass hybride Ansätze, bei denen klassische Systeme mit quanteninspirierten Algorithmen kombiniert werden, bereits jetzt gewinnbringend eingesetzt werden können. Diese hybriden Modelle ermöglichen es, schrittweise Erfahrungen mit der neuen Technologie zu sammeln, ohne die bestehenden Geschäftsmodelle zu gefährden. Es wird deutlich, dass Unternehmen, die schon heute in diese Technologie investieren, langfristig einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil erzielen können.
FAQs:
- Was ist Quantencomputing?
Quantencomputing nutzt Phänomene der Quantenphysik, um komplexe Berechnungen effizienter durchzuführen als herkömmliche Computer, die auf binären Systemen basieren. - Warum ist Quantencomputing für Unternehmen relevant?
Es hat das Potenzial, Probleme in Bereichen wie Optimierung, maschinelles Lernen und Cybersicherheit zu lösen, die für klassische Computer zu komplex oder zu zeitaufwändig sind. - Was sind hybride Ansätze im Zusammenhang mit Quantencomputing?
Hybride Ansätze kombinieren klassische und quanteninspirierte Algorithmen, um Unternehmen bereits jetzt einen Vorsprung zu verschaffen, bevor Quantencomputer auf breiter Basis verfügbar sind. - Wie hat Infosys hybride Modelle eingesetzt?
Infosys verwendet hybride Modelle, um Optimierungsprobleme im Finanz- und Lieferkettenbereich zu lösen, maschinelles Lernen zu verbessern und Cybersicherheit zu stärken. - Was ist ein quanteninspirierter Algorithmus?
Ein quanteninspirierter Algorithmus verwendet Prinzipien der Quantenmechanik, um effizientere Berechnungen durchzuführen, ohne dass ein echter Quantencomputer erforderlich ist. - Welche Rolle spielt Quantencomputing in der Cybersicherheit?
Quantencomputer könnten herkömmliche Verschlüsselungen knacken, aber sie ermöglichen auch die Erzeugung echter Zufallszahlen, die eine neue Ära der Datensicherheit einleiten. - Welche Vorteile bietet der hybride Ansatz von Infosys im maschinellen Lernen?
Der hybride Ansatz verbessert die Genauigkeit bei der Betrugserkennung und reduziert die Kosten für komplexe Berechnungen.
Quellenangaben:
- IBM Quantum Computing
- Google Quantum AI
- D-Wave Systems
- Microsoft Quantum Development Kit
- Quantum Computing Report